In den letzten Jahren hat eine ganze Reihe schlagkräftiger Abkürzungen den Untergang des digitalen Marketings eingeleitet: GDPR, ITP, ETP, CCPA, IDFA. Und nun sind wir beim finalen Akronym angelangt: RIP

Als Google Anfang 2020 ankündigte, die Third-Party-Cookies in seinem Chrome-Browser abzuschaffen, bekam das lange vorhergesagte Schicksal der Cookies ein Datum: 2023.

Aber anstatt die daraus entstehenden Änderungen in Chrome nur als die Spitze eines weit entfernten Eisbergs wahrzunehmen, sollten Marketer jetzt den größeren Teil des Eisbergs unter der Oberfläche genauer betrachten. Dieser liegt ihrem Boot nämlich viel näher.

Wir haben mit Gunjan Aggarwal, Senior Director of Global Insights & Data Practice bei Capgemini, sowie Ted Sfikas, Regional Vice President Solutions Consulting bei Tealium, über die Auswirkungen des Wegfalls der Third-Party-Cookies auf Marketer und Verbraucher gesprochen, und darüber, wie die Zukunft des digitalen Marketings aussehen wird.

Was sind Third-Party-Cookies und warum sollte mich ihre Abschaffung interessieren?

 

Cookies gibt es seit 1994. Sie wurden entwickelt, um frühen E-Commerce-Webseiten Einblicke in die Customer Experience zu gewähren, die ihnen bis dahin gefehlt hatten. Durch diese Wissenslücke hatten sie einen großen Nachteil gegenüber den stationären Geschäften, in denen die meisten Menschen damals bevorzugt einkauften.

Third-Party-Cookies sind, genau wie ihre Kollegen, die First-Party-Cookies, einfache Textdateien, die Daten über die Erfahrungen, die man auf verschiedenen Webseiten macht, speichern. Diese Daten bleiben seitenübergreifend erhalten und beinhalten Informationen wie etwa, ob man eingeloggt ist oder wie die Datenschutzeinstellungen aussehen. Auf diese Weise können Third-Party-Cookies das Nutzererlebnis erheblich verbessern. Allerdings sind sie in letzter Zeit in die Kritik geraten, da Verbraucher zunehmend auf den Schutz ihrer Daten achten.

Sfikas erklärt, dass First-Party-Cookies von der besuchten Domain erstellt und kontrolliert werden. Ferner sagt er: „Webseitenbetreiber erstellen First-Party-Cookies, um Analysedaten zu sammeln, Webseiteneinstellungen zu speichern und andere Technologien mit grundlegenden Nutzerdaten zu versorgen. Entscheidend ist dabei, dass First-Party-Cookies nur von der Domain gelesen werden können, die sie gesetzt hat, und nicht von anderen Webseiten, die der Nutzer anschließend besucht.“

Dass wir nicht auch den Untergang von First-Party-Cookies betrauern, liegt daran, dass sie unsere Bewegungen nicht seitenübergreifend verfolgen, sondern lediglich für ein reibungsloses Web-Erlebnis innerhalb einer bestimmten Domain einer Marke oder Technologie sorgen. Third-Party-Cookies hingegen ermöglichen die seitenübergreifende Verfolgung von Daten für eine Technologielösung, die zwar von einer Domain stammt, aber Daten von vielen sammelt.

„Third-Party-Cookies werden von anderen Domains als derjenigen, die der Benutzer gerade besucht, erstellt und kontrolliert“, so Sfikas weiter. „Drittanbieter erstellen Third-Party-Cookies, damit ihre externen Technologien auf die Daten des Nutzers zugreifen können, während dieser sich auf der Webseite einer oder mehrerer Marken befindet. Third-Party-Cookies sind also die Grundlage für Techniken wie Cross-Domain-Tracking, Retargeting und Adserver.“

Sie haben es für Marketer einfacher gemacht, den richtigen Zielgruppen die richtige Werbung anzuzeigen, aber da es diese Art der Cookies bald nicht mehr geben wird, ist es jetzt an der Zeit, Änderungen vorzunehmen. (Die Browser Safari von Apple und Firefox von Mozilla haben den Zugang zu Third-Party-Cookies bereits gesperrt, aber sie haben viel weniger Traffic als Chrome von Google).

Auf dem Weg zu einem verbesserten Marketing-Standard

 

In den letzten Jahren haben Marketer unablässig nach einer Lösung für die unterschiedliche Art und Weise gesucht, wie First- und Third-Party-Cookies in Browsern behandelt werden. Das Jahr 2023 markiert nun den Punkt, an dem es kein Zurück mehr gibt.

„Natürlich muss die Marketinglandschaft diese tiefgreifende Veränderung erst einmal verkraften. Aber ich habe das Gefühl, es ist nur ein weiterer natürlicher Schritt nach vorne innerhalb einer größeren Bewegung, die schon seit Jahren stattfindet“, erklärt Sfikas. „Vor allem vor dem Hintergrund der Datenschutzbestimmungen, die darum kreisen, wie Daten von Unternehmen erfasst, gespeichert und abgerufen werden, führt der Untergang der Third-Party-Cookies dazu, dass die Kontrolle von der Marketingtechnologie auf den Kunden übertragen wird.“

Dass Third-Party-Cookies in der Geschichte des digitalen Marketings eine große Rolle gespielt haben, bedeutet noch lange nicht, dass sie der beste Teil davon waren. Wie schon erwähnt, haben Datenschutzbestimmungen wie die DSGVO der EU und der California Consumer Privacy Act (CCPA) versucht, Cookies zum Schutz der Verbraucher einzuschränken. Diese Maßnahmen führten zum allgegenwärtigen Cookie-Banner auf Webseiten, das die Nutzer dazu auffordert, die Verwendung von Cookies durch die Webseite zu akzeptieren bzw. abzulehnen.

Trotz ihres breiten Einsatzes waren Third-Party-Cookies ein unvollkommenes Tool für Marketer, das durchaus auch seine problematischen Seiten hatte.

„Third-Party-Cookies sind zeitgebunden und domainspezifisch. Sie für effektives Tracking zu synchronisieren, ist ein komplexer Vorgang“, erklärt Aggarwal. „Werbetreibende erreichen vielleicht eine 60-prozentige Cookie-Übereinstimmungsrate zwischen einer Technologie auf der Werbeseite (Demand Side Platform) und einem Datenanbieter (Demand Management Platform). Sie müssen ihre Erwartungen für ein optimales Targeting immer anpassen und ihre Kennzahlen herunterschrauben. Zudem zählen die meisten Adserver einfach die Anzahl der Cookies, die sie für Impressions und Klicks erfassen können. Da Cookies ständig gelöscht werden und es nicht möglich ist, sie geräteübergreifend zu verwenden, werden Impressions in der Regel über- und Conversions unterbewertet.“

Nach Aussage von Aggarwal werden so unter anderem Werbebudgets und Zeit für stufenweises Frequency Capping und Unterdrückungsaktivitäten vergeudet.

Ohne verlässliche Third-Party-Cookies müssen Marken neue Wege für ihr digitales Advertising ausloten. Anstatt an Untergang zu denken, sollten Marken dies als Chance sehen.

Laut Sfikas ist es genau die richtige Zeit für diesen Paradigmenwechsel, denn die Menschen erwarten schon seit einigen Jahren, dass Marken auf ihre Bedenken bezüglich des Datenschutzes reagieren. Endlich verbinden Marken Datenschutz und Customer Experience durch Innovationen in den Bereichen Governance und Automatisierung miteinander, kombiniert mit bestehenden Sicherheitstechnologien auf dem Stand zeitgemäßer digitaler Werbung.

Das neue Paradigma der Customer Experience im Marketing erfordert, dass Unternehmen die uneingeschränkte Hoheit über ihre Daten haben – von der Erfassung bis zur Aktivierung. Marketer müssen sorgfältiger mit Datenschutz und Governance umgehen, was eine engere Zusammenarbeit mit Technik- und Rechtsabteilungen erfordert. Das Ergebnis wird nicht nur ein datenschutzfreundlicherer Ansatz sein, sondern es wird auch zu einer engeren Beziehung mit den Verbrauchern führen, da First-Party-Daten die einzig führende Währung sein werden.

Neue Technologien und Strategien für eine Welt ohne Third-Party-Cookies

 

Der Übergang zu Third-Party-Daten bedeutet, dass Marketer Teile der Customer Experience neu konzipieren müssen. Authentifizierung und Datenschutzpräferenzen werden entscheidende Schritte sein, um die Daten zu erfassen, die für dauerhafte Beziehungen zu den Verbrauchern notwendig sind.

In einer Welt, in der Einzelpersonen Unternehmen wegen unsachgemäßen Umgangs mit Daten verklagen können, wollen Unternehmen sicherstellen, dass die von ihnen genutzten Daten mit individuellen Profilen und entsprechenden Datenschutzeinstellungen verknüpft sind, was den Identitätsnachweis wichtiger denn je macht.

„In der neuen Marketinglandschaft“, so Aggarwal, „müssen Marketer und Werbetreibende ihre Kundendaten mit persistenten Identifikatoren wie E-Mail-Adressen, Telefonnummern und Kunden-IDs verknüpfen und aktivieren“. Laut Aggarwal benötigen Unternehmen mit der richtigen Technologie die folgenden Strategien, um in einer cookielosen Online-Umgebung am Ball zu bleiben:

  • First-Party-Daten vereinheitlichen,
  • First-Party-Daten im gesamten Unternehmen nutzen,
  • First-Party-Daten mit personenbasierten Datenanbietern und Second-Party-Daten anreichern und
  • durch direkte Integration mit Publishern aktivieren.

Der Weg voran wird für die meisten Unternehmen in erster Linie ein deterministischer Ansatz sein: die Verknüpfung von Aktivitäten mit einem eindeutigen Identifikator wie einer E-Mail-Adresse. Die probabilistische Modellierung, bei der die Zuordnung durch unschärfere Datenpunkte wie IP-Adressen erfolgt, wird weiterhin einen Mehrwert für Marken bieten und wahrscheinliche Marketing-Zuordnungsmetriken aufzeigen, obwohl Third-Party-Cookies nach ihrem Aussterben nicht mehr in diese Algorithmen eingebunden sein werden.

„Es wird nicht einen einzigen Ersatz für Third-Party-Cookies geben“, so Aggarwal weiter. „Customer Data Platforms (CDPs) sind eine Alternative, aber sie müssen mit den richtigen Technologien ergänzt werden. CDPs werden Marketer in die Lage versetzen, Kundeninformationen zu bearbeiten und dabei die Datenschutzbestimmungen einzuhalten und die kanalübergreifende Personalisierung zu fördern. Das liegt daran, dass CDPs über eine Technologie zum Identitätsnachweis verfügen, mit der Marketer und Werbetreibende diese First-Party-Daten über Identitäten und Geräte hinweg vereinheitlichen können – egal ob online oder offline.“

Es gibt heute viele CDP-Anbieter mit unzähligen Ansätzen, um das Problem der Kundendaten zu lösen. Wenn es jedoch darum geht, die Privatsphäre zu schützen und Marketer in die Lage zu versetzen, auf das Verschwinden von Cookies zu reagieren, werden CDPs, die auf die Vereinheitlichung von Daten Wert legen, für Marketer von unschätzbarem Wert sein.

Sfikas betont, dass die heutigen CDPs, bei denen Daten an erster Stelle stehen, den Verlust von Third-Party-Cookies kompensieren können. „Dies gelingt besonders dann, wenn die Technologien, die Daten von Drittanbietern benötigen, diese mit Blick auf die Einhaltung von Vorschriften erfassen und gleichzeitig moderne Techniken wie die serverseitige Datenerfassung effektiv nutzen, um die Signalstabilität aufrechtzuerhalten“, erklärt Sfikas weiter.

 

Mit anderen Worten: Eine Technologie, die sich auf Third-Party-Cookie-Daten stützt, kann weiterhin funktionieren. Marken müssen jedoch neue Ansätze zur Datenerfassung anwenden und die Verbraucher ermutigen, ihre Daten im Rahmen eines Werteaustauschs zur Verfügung zu stellen, der dauerhaft aufrechterhalten werden kann. 

Die Kunden müssen verstehen, warum sie den Marketern ihre Daten zur Verfügung stellen. Und für diese Überzeugungsarbeit braucht es innerhalb der Unternehmen ein multidisziplinäres Team.

„Neue Wege der Zusammenarbeit sind gefragt“, meint Sfikas, „und das ist das Spannende daran. Nie zuvor haben wir eine so vielfältige Gruppe von Fachleuten aus den Bereichen Recht, Marketing, IT und Informationssicherheit zusammengestellt. Und den größten Nutzen davon hat der Kunde“.

„Der Prozess des Consentmanagements ist im Customer Engagement ganz neu und läuft parallel zu anderen regelmäßigen Kontakten mit den Verbrauchern“, erläutert Aggarwal.

Die Verknüpfung von Consent- und Kundendaten, unter Verwendung von Technologien wie Consentmanagementplattformen und CDPs, ist der Schlüssel zum Marketing der Zukunft – einer Zukunft, in der Marketer Werbung und Personalisierung unter dem gemeinsamen Blickwinkel von Customer Experience und Datenschutzinitiativen sehen.

Ohne die Verbindung dieser beiden Initiativen wird die Zuordnung von Marketingdaten schwieriger werden. Der Verlust eines nachweisbaren ROI wird zu geringeren Marketingbudgets führen – selbst wenn das, was die Marketer tun, funktioniert.

Bauen Sie bei Kunden Vertrauen in Ihre Marke auf

 

Die Früchte dieser Arbeit – die Umstellung auf eine First-Party-Datenstrategie und die Verwendung neuer Tools, um die Funktionalität von Third-Party-Cookies zu ersetzen – werden letztendlich dazu führen, dass die Verbraucher Ihrer Marke mehr Vertrauen entgegenbringen.

„Third-Party-Cookies haben bisher den Eindruck erweckt, dass Verbrauchern die Entscheidungsgewalt abgenommen wurde – niemand konnte sich wirklich daran erinnern, der Marke gestattet zu haben, auf Nachrichtenseiten und sozialen Plattformen Werbung zu zeigen“, sagt Sfikas. „Umfassende Datenschutzverletzungen im letzten Jahrzehnt führten dazu, dass die Kunden mehr von den Marken verlangen.“

Marken, die auf den Aufbau eines Vertrauensverhältnisses mit ihren Kunden setzen, betrachten Daten als strategischen Wert. Wenn Sie zeigen können, dass Sie verantwortungsvoll mit Kundendaten umgehen und diese zur Verbesserung der Customer Experience und nicht nur zum Erzielen eines Gewinns nutzen, werden die Kunden Ihnen eher vertrauen und Ihrer Marke treu bleiben.

„Ohne jeden Zweifel bieten diejenigen Marken die bessere Customer Experience, die alle Möglichkeiten der Datenprofilierung und -nutzung aufrichtig und verständlich darstellen“, so Sfikas weiter. „Die Verbraucher sehen jetzt, warum ihre Daten wichtig sind, und werden so dazu motiviert, sie zu teilen.“

Für Marketer ist es jetzt an der Zeit, sich mit dem Untergang von Third-Party-Cookies auseinanderzusetzen. Erfahren Sie mehr über First-Party-Datenstrategien in unserem E-Book „Es ist an der Zeit, Ihre Datenstrategie zu ändern: First-Party-Daten für eine bessere Customer Experience“.

Post Author

Hilary Noonan
Hilary ist Director of Content bei Tealium.

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